2. Februar 2012

Kommentar: Wunderkit – die Anna Kournikova unter den Projektmanagement-Tools?

Wunderkit Icon

Ich liebe ToDo-Listen. Nicht nur weil sie aufzeigen, was für’n toller Hecht man ist, weil man schon soooooo derbe viel erledigt hat 😉 Vor allem steh ich auf ToDo-Listen, weil sie der Inbegriff von nützlicher Software sind. Sie helfen – auch bei banalen Angelegenheiten – System in das eigene Vorhaben zu bringen. Darum freue ich mich auch immer über neue Tools, können sie doch (zumindest theoretisch) aus Schwächen vorhandener Tools profitieren und es besser machen.

Der Kreis des To-Do-Wahnsinns

Der Kreis des To-Do-Wahnsinns

Wunderlist als digitaler Notizzettel

So habe ich mich auch damals über Wunderlist gefreut. Vor allem, weil das Erscheinungsbild so unsagbar sexy war bzw. ist.
Ich hatte allerdings schon ein paar ToDo-Tools ausprobiert, hatte mich sogar einer Woche lang nur dem Testen diverser Online- und Software-Lösungen gewidmet, um das für mich beste Produkt zu finden. Daher war ich recht schnell enttäuscht, als ich Wunderlist ausprobiert habe.

Wunderlist

Wunderlist

Einige Zeit später habe ich mich erneut zum Einsatz von Wunderlist hinreißen lassen (Schönhat hat wohl die Fähigkeit negative Erfahrungen zu verdrängen :P), Ergebnis blieb allerdings gleich. Die Funktionalität von Wunderlist ist gewollt beschränkt, für mich allerdings zu sehr.

Nichtsdestotrotz kann ich mir durchaus vorstellen, dass die App für viele Benutzer ausreichend ist. Nicht jeder ist darauf aus die eigene Arbeitsweise exzessiv zu strukturieren und zu planen, so dass viele Nutzer eine ToDo-App lediglich in Form eines strukturierten, digitalen Notizzettels benötigen, der meinetwegen noch über Geräte hinweg synchronisiert wird. Dafür ist Wunderlist bestens geeignet, ja, mit diesem Ansatz wirkt Wunderlist sogar leistungsfähig. Hier sehe ich den Grund für den Erfolg dieser App.

It’s sexy and they know it

Solang ich Wunderlist kenne, kenne ich auch den Teaser zur ominösen App Wunderkit. Es wurde als the next big thing von den 6Wunderkindern (Entwickler von Wunderlist) angepriesen. Nun habe ich einen Blick auf die seit gestern in der öffentlichen Beta befindliche App geworfen und nunja… same procedure as every app.

Ich find das Ding unglaublich sexy. Sowieso scheint die Design-Abteilung bei den 6Wunderkindern einen recht guten Job zu machen. Klar, Geschmäcker sind verschieden, aber in vielen Belangen trifft man hier mMn den Nerv der Zeit. Ich freu mich auch über jeden Newsletter, jede Webseite, ja sogar die Wunderlist-Seite im Mac App Store macht Spaß. Zucker für’s Auge.

Wunderlist im Mac App Store

Wunderlist im Mac App Store

Projektmanagement in einfach

Wenn man die ersten Schritte im Wunderkit tätigt, fühlt man sich auch schnell wohl. Alles ist intuitiv gehalten und geht recht flott von der Hand. Ich heiße einfache, reduzierte Werkzeuge für das Projektmanagement (PM) stets willkommen. Zwar stößt man schneller an die Grenzen, aber letztenendes findet man für viele Lücken eine Alternative. Lieber weniger Funktionalität statt Featuritis.

Wunderkit jedoch verfolgt hier einen sehr ulkigen Ansatz, von dem ich nicht richtig glauben kann, dass er sich durchsetzen wird. Aber erstmal zu den Features.

Die eigentlich PM-Möglichkeiten halten sich in Grenzen. Man kann eigene Projekte anlegen (Workspaces), Leute einladen und ein wenig kollaborieren. In welcher Form? Momentan Aufgabenlisten und Notizen, mehr Apps sollen kommen (remember: it’s still Beta!). Dazu lassen sich zu jedem Pups Kommentare abgeben, die wiederum (auch threaded, also eingerückt) kommentiert werden können. Sehr cool, sehr einfach und intuitiv gelöst.

Workspaces in Wunderkit

Workspaces in Wunderkit

Tasks (remember Wunderlist? :D)

Tasks (remember Wunderlist? :D)

Notes

Notes

Viel mehr gibt’s dann aber auch nicht. Es gibt ein Dashboard, in dem man die letzte Aktivität verfolgen kann. Bei fortschreitendem Status dürfte es hier allerdings recht unübersichtlich werden, was man sogar im offiziellen Walkthrough-Video erahnen kann.

Workspace bei fortgeschrittenem Projektstatus (YouTube-Screenshot)

Workspace bei fortgeschrittenem Projektstatus (YouTube-Screenshot)

Dateiupload? Vergebens. Allein dieser Punkt geht gar nicht. Dem könnte man zwar recht schnell mit Cloud-Diensten wie Dropbox & Co oder aber einem eigenen Kundenserver gerecht werden, allerdings ist es meiner Meinung nach schon ein Major Feature, über das jede Kollaborations-Software verfügen sollte.

Die Features sind wie erwähnt recht reduziert, was ich erstmal gut finde. Auch für den fehlenden Dateiupload lässt sich ein Workaround finden. Es gibt genug kleine Apps, mit denen man schnell mal eine Datei in die Cloud schieben kann und anschließend einen geheimen Link zum Teilen erhält. Außerdem darf man gespannt sein, mit welchen zuküntigen Apps Wunderkit aufwarten kann.

Social? Srsrly?

Nun zu den negativen Aspekten. Die Mängel sehe ich überhaupt nicht in der Ausführung bzw. Realisierung der App, sondern im grundlegenden Konzept.

Was ich beim besten Willen nicht verstehe, ist das zwanghafte Implementieren sozialer Komponenten. Social Media gut und schön, aber in einem PM-Tool? Ich fand das, was die Sparrow-Entwickler Facebook-Integration nennen, schon unnötig, aber bei einem PM-Tool? Statusfortschritte liken? Mitarbeitern folgen? WTF?

Leute, das was wir mit PM-Tools machen wollen ist arbeiten und vor allem eins: Getting Things Done. Natürlich packen wir Leidenschaft in unsere Arbeit und wir arbeiten gern. Doch ich like auf Facebook, ich followe auf Twitter. Das sind eher Sachen, die mich von meiner Arbeit abhalten.

Die Möglichkeiten der genannten sozialen Interaktionen sind jetzt kein großer Störfaktor, allerdings in meinen Augen auch sowas von unnötig. Auf den Dateiupload verzichtet ihr, Hauptsache mein Kollege kann die Fertigstellung des Website-Headers mit einem Herzchen dekorieren?

Follower und Public Profile… genau -.-

Zudem lade ich bei Projekten grundsätzlich alle Beteiligten ein. Das ist auch bei Wunderkit möglich. Gut. Aber warum sollten Fremde meinem Projekt folgen können? Aus Unternehmenssicht ist das doch tödlich?

Ok, ja, auch eine Funktion, die man einfach deaktivieren kann, indem man sein Profil (!) nicht-öffentlich macht. Aber wozu das Ganze. Wozu könnte mein Projekt ein öffentliches Profil gebrauchen.

Workspace-Einstellungen

Workspace-Einstellungen

Okay, now I see. Wenn ich meine nächste Party oder einen Urlaub planen will, dann kann die soziale Komponente von Nutzen sein. Aber mal ganz ehrlich: alle Beteiligten sollen erstmal 5€ im Monat blechen um eine private Party organisieren und ihren Senf (inkl. Likes) dazu abgeben zu können?

Dafür gibt es Facebook-Gruppen. Und die haben 2 Vorteile:

  1. vermutlich haben bereits alle real-life Beteiligten einen Facebook-Account und
  2. ist es kostenlos.

Hier kann doch nicht wirklich eure Zielgruppe liegen, oder? Insofern sind Profile, Follower und Likes imho unnötig.

[Update]Mittlerweile haben die 6Wunderkinder ihre Preispolitik überdacht, so dass dieser Teil meiner Argumentation nicht länger ins Gewicht fällt 😉[/Update]

Fazit

Ich gehe davon aus, dass die Berliner noch bei ein paar Sachen nachbessern werden. Der Datei-Upoad muss kommen. Wunderlist-Integration sollte auch selbstverständlich sein. Nichtsdestotrotz ist Wunderkit wohl nichts für mich. Für den beruflichen Einsatz zu wenig Features, für den privaten Gebrauch zu teuer.

One more thing…

Aus der Kategorie “was ich schon immer mal wissen wollte”: ob bei den 6Wunderkindern eine Wunderbar in der Lobby steht?

:D

😀

tl;dr

Wunderkit sieht gut aus, leistet jedoch als Projektmanagement-Tool für Unternehmen zu wenig. Für die Organisation privater Belange gibt es ebenfalls bessere und vor allem kostenlose Alternativen.

Bild-Credits

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